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Der Zahn der Zeit

 

Das Thema „Spuren“ hat mich in den vergangen zwei Jahren beschäftigt wie selten zuvor – allerdings nicht im Bereich Patchwork, sondern bei der Renovierung unseres gerade gekauften Hauses. Seien es Kritzeleien an der Wand, verkalkte Wasserrohre oder aber abgewetzte Fliesen, die erneuert werden mussten. Daneben fanden wir aber auch Gegenstände, die die ehemaligen Bewohner vergessen oder verloren hatten.

 

Da gab es alte Familienfotos auf dem Speicher, Druckplatten für Werbeplakate aus dem Jahr 1930 im Einbauschrank oder aber ein Pendel, das plötzlich in einem Kellerschacht auftauchte. Für mich waren dies alles Spuren von vergangenem Leben in dem Haus, das wir jetzt mit unserer Familie mit neuem Leben erfüllen wollten. Und genauso, wie wir die ursprüngliche Architektur bei der Renovierung respektieren wollten, konnte ich auch diese Fundstücke nicht einfach „entsorgen“. Also beschloss ich, einen Quilt zu nähen, auf dem unsere „Schätze“ eine neue Heimat bekommen sollten.

 
 

Als Hintergrundmuster wählte ich das Fischgrat, weil es das Verlegemuster in vielen alten Fußböden ist. So auch in der Kirche von Monte San Salvatore in Lugano/Schweiz.

 

 

Diese abgewetzten Ziegelböden in alten Klöstern und Kirchen haben es mir besonders angetan – unvorstellbar, wie viele Leute hier schon gelaufen sein müssen, um solche Spuren zu hinterlassen.

 
 

Das Quiltmuster schließlich hat seine ganz eigene Geschichte. Als ich mit ein paar Freundinnen die Quilt-Expo in Lyon besuchte, fielen uns die Metallverzierungen am oberen Fensterstock der Häuser auf. In der Nähe unseres Hotels wurde gerade ein Gebäude abgerissen, und wir machten uns nachts auf, um diese Fensterverzierungen aus dem Schutt zu bergen.

 

 
 

Das Teil, das ich retten konnte, hängt jetzt oben an dem Quilt, so wie es früher über einem Fenster hing, und ist die Vorlage für das Quiltmuster.

 

 
 

Übrigens macht der Zahn der Zeit auch vor meinem Quilt nicht halt. In Innsbruck fiel der Quilt bei einer Ausstellung von der Wand, worauf ein paar Stücke brachen. Auf dem Weg zur Ausstellung in Dallas, Texas/USA gingen die Druckplatten im Koffer zu Bruch, und ich bekam nur eine Tüte mit Bröseln zurück. Eigentlich ganz passend für einen Quilt, der sich „Spuren“ zum Thema gesetzt hat.

 

© Januar 2008  Barbara Lange, Freising