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Der Lebensbaum von Froettmaning

 

oder: Das versunkene Dorf

 

Größe: (103 x 80 cm)

 

Sind Sie schon einmal auf der A9 von Nord nach Süd, oder umgekehrt, an München vorbeigefahren? Dann sind Sie unmittelbar an meiner Spur für diesen Quilt vorbeigekommen. Mitten zwischen allen so genannten Negativeinrichtungen der bayrischen Landeshauptstadt - Autobahnkreuz, Kläranlage, Müllberg und dem neuen Fußballstadion, der Allianz-Arena - liegt als einzige Zeugin ehemaligen bäuerlichen Lebens an dieser Stelle die Kirche „Zum Heiligen Kreuz“ des verschwundenen Dorfes Fröttmaning. Sie stammt aus romanischer Zeit und ist die älteste Kirche auf Münchner Stadtgebiet. Eine Bürgerinitiative in den 70-er Jahren hat sie davor bewahrt, im Müll der Millionenstadt zu versinken, sie hat bewirkt, dass das Autobahnkreuz zur Rettung der Kirche etwas nach Norden verschoben gebaut wurde.

 

Von den Höfen des Dorfes gibt es keine Spur mehr. Auf der Münchner Schotterebene war es mühsam Feldfrüchte anzubauen. Daher lebten die meisten Bauern von der Schäferei. Davon zeugen noch die Grabsteine auf dem kleinen Friedhof neben der Kirche. Die kleine Dorfkirche, die manchmal auch dem Schutz der Bevölkerung diente, birgt eine künstlerische Besonderheit aus dem 11./12. Jahrhundert: mit weißer Farbe ist das Fresko eines Lebensbaumes auf die Ziegelwand aufgetragen. Es ist das einzige dieser Art nördlich der Alpen und wurde erst 1981 wieder entdeckt. Neben dem Lebensbaum finden sich noch weitere geometrische Muster, deren Bedeutung noch nicht entschlüsselt ist.

 

In meinem Quilt habe ich diesen Lebensbaum versucht darzustellen, der mich schon lange fasziniert. Ein handgewebtes, altes Bauernleinen aus der Region, das ich von einer meiner Töchter geschenkt bekam, schien mir ein geeignetes Material für diese Arbeit, denn vermutlich war das der einzige Stoff, den die Menschen damals außer den Wollstoffen kannten. Deshalb habe ich auch ein Vlies aus Schafwolle eingearbeitet. Als Bezug zum sakralen Umgebung des Lebensbaumes habe ich die Log Cabin-Blöcke aus Seide hinzugefügt. Die Kirche ist restauriert worden und wird heute wieder gerne zu feierlichen Anlässen genutzt. Und was natürlich auch dazugehört, ist der weiß-blaue Himmel mit den Föhnfischen, der über allem leuchtet.


© Mai 2009  Angelika Henrichs, Garching